Quellennachweis:
Wie bekannt ist, hatte die deutsche Haflingerzucht ihren Ausgangspunkt in Bayern, genauer gesagt in Oberbayern. Von hier aus vollzog sich unaufhaltsam die Verbreitung über ganz Deutschland. Ausschlaggebend war der in den 30er Jahren gefasste Beschluss der Heeresremontisierungskommission, eine neue Rasse und zwar eine Kleinpferdrasse im Alpenvorland zu etablieren. Ziel war, ein geeignetes Pferd für die Heeresgebirgstruppen in Verwendung als Trag- und Zugtier zu finden, das gleichsam in der Landwirtschaft eingesetzt werden konnte. Bereits 1928 fanden die ersten Importe Südtiroler Haflingerwallache nach Bayern statt. Initiator war der Pferdekaufmann Benedikt Mösl aus Trostberg. Nachdem man mit dem Haflinger gute Erfahrungen gesammelt hatte, beschloss man seitens Staatsministerium und Zuchtleitung diese Rasse züchterisch aufzubauen. Der Haflinger brachte zu diesem Zeitpunkt in idealer Weise die geforderten Merkmale eines Trag- und Zugtieres mit.
Relativ kurzer Hals, wenig ausgeprägter, flacher Widerrist (es entsteht kein Druck bei extremer Belastung unter dem Tragsattel), breiter Rücken mit ebenfalls breiter Nierenpartie (gute Auflagefläche), kräftige, gut bemuskelte Hinterhand. Eine kurze steile Schulter bedingte zwar auch einen kurzen Schritt, war aber für steile Gebirgsstrecken sowie Zugarbeit durchaus förderlich. Auch vom Interieur her erfüllte der Haflinger die Bedingungen: gutmütig und von ruhigem, gelassenem Temperament, stellte er ein trittsicheres, genügsames Verlasspferd dar.
Stockmaß: 134- 140 cm, Bandmaß:146-152 cm, Brustumfang:170-190 cm, Röhrbein: 18-20 cm
Die Landespferdezucht musste den Forderungen der Wehrmacht entgegenkommen, die im Haflinger überwiegend ein kleines Tragtier sah, aber andererseits auch einen sicheren Absatz gewährleistete. Über Südtiroler und österreichische Importe, unter der Regie von Zuchtleiter Dr. Gentner und Major Rudolf Erhard, Gut Wiesen, Kiefersfelden, wurde die Zuchtbasis gefestigt und erweitert. Als registrierte Vatertiere kamen als erstes Urban 1, geb. 1931, Held 2, geb. 1933, und Xandl 3, geb. 1934, zum Deckeinsatz, bei einem angegebenen Bandmaß von 156-158 cm, dürfte das Stockmaß dieser Hengste im Bereich von 142-147 variiert haben.
Private Zuchtbetriebe, wie das Gut Wiesen, Klefersfelden, als ältestes und damals bedeutendstes Gestüt (hier entstand über die Akeley von Student eine ausgesprochen wertvolle Mutterlinie), aber auch der Schörghof in Wielenbach, die Boschhöfe in Mooseurach, der Eckhof bei Siegsdorf und der Wiedenhof bei Hundham von Familie Hecker, um nur einige zu nennt, waren Ausstrahlungspunkte für die Weiterentwicklung und Verbreitung der Haflingerzucht. Einige dieser Zuchtstätten übernahmen die Funktion der Heeresfohlenhöfe, die als Aufzuchtbetriebe für den Bedarf der Wehrmacht vorgesehen waren. Bald schon schlossen sich engagierte Züchter zu Genossenschaften zusammen.
Mit Kriegsende 1945 wäre beinahe die Haflingerzucht ebenfalls zugrunde gegangen, die Heeresfohlenhöfe waren aufgelöst und die Wehrmacht als Abnehmer existierte nicht mehr. Eine neue Marktlücke fand sich in der Landwirtschaft. Im Zuge der zunehmenden Technisierung war hier der schwere Kaltblüter nicht mehr gefragt, sondern es wurde zu den mehr und mehr vorhandenen Maschinen eine Ergänzungszugkraft gesucht. Der Haflinger, wendig, trittsicher, anspruchslos in Fütterung und Haltung, unkompliziert im Wesen, konnte somit, eingesetzt als Wirtschaftspferd in klein- und mittel bäuerlichen Betrieben diesen Tiefpunkt gut überstehen, wenn auch aufgrund dieses Verwendungszweckes wieder die Tendenz bestand, schwere Typen, eventuell auch forciert durch Zufuhr von Norikerblut, zu bevorzugen. Es sei am Rande bemerkt, dass der Noriker in Bayern schon früher beheimatet war.
Um eine straffere Organisation zu bewerkstelligen, wurde ein zentrales Hengst- und Stutbuch eingerichtet, im Zuchtziel wird die Fuchsfarbe, besonders der Lichtfuchs mit hellem Langhaar als rassetypisch definiert. Das Stammgestüt Schwaiganger begann 1947 mit der Haflingerhengstaufzucht. Die Grundlage für einen nachhaltigen Einfluss auf die Landeszucht stellten die Tiroler Importe Sturmwind 60 und vor allem Nastor 68 dar. Letzterer lieferte den prägenden Nelson 90, geboren 1955, der gemäß Beschreibung "die Reitpoints eines Kleinpferdes mit den inneren Eigenschaften eines Arbeitspferdes vereinte". Seine überaus zahlreichen Nachkommen zeichneten sich durch eine überdurchschnittliche Qualität aus, bestachen durch Adel, Charme und Farbtreue. Auch der Hengst Wieland 25 wird in früherer Literatur ebenfalls in der Reihe der maßgeblichen Vererber aufgeführt.
Nachdem der Haflinger über die Rolle des Tragtiers der Gebirgstruppen nun die Funktion des leichtfuttrigen, robusten und leistungsstarken Wirtschaftspferdes eingenommen hatte, wurde ihm bald wieder eine neue Aufgabe zugedacht.
Auf der einen Seite schritt die Technisierung in der Landwirtschaft immer mehr voran, somit war auch hier das Pferd immer weniger anzutreffen. Auf der anderen Seite jedoch zeichnete sich in den 60er Jahren ein neuer Trend ab, in dem der Erholung und Entspannung suchende Mensch unter dem Motto "Zurück zur Natur", zunehmend seine Freizeit in und mit der Natur erleben wollte. Allgemein kann mit dieser Bewegung dem Pferd ein neuartiger Verwendungszweck zu, nämlich als Partner des Menschen in Freizeit, Hobby und Sport.
Dies berücksichtigend, verlangte der Markt ein Pferd, das sowohl für Erwachsene wie auch Jugendliche geeignet war und für die verschiedenen Sparten der Freizeitgestaltung wie Reiten, Fahren, Voltigieren eingesetzt werden konnte. Aufgrund seines sympathischen, ansprechenden Erscheinungsbildes und des gutmütigen Charakters und zumal in Bayern zu diesem Zeitpunkt keine andere Kleinpferderasse in nennenswertem Umfang angesiedelt war, lag es nahe, den Haflinger hierfür heranzuziehen. Hält man sich noch einmal vor Augen, welchen Einsatzbereich und damit unweigerlich gekoppelt, welche Exterieurmerkmale diese Rasse innehatte, wird deutlich, dass der Haflinger in dieser Form dem neuen Verwendungszweck nicht optimal entsprach. Eine Typumstellung vom kleinen, gedrungenen Arbeitspferd zum eleganteren, großrahmigen Kleinpferd mit betonten Reitpferdepoints war nun gefordert, es war an der Zeit, erneut eine Anpassung des Zuchtzieles an die aktuellen Marktansprüche zu vollziehen.
Hierfür wurden bekanntlich zwei Wege eingeschlagen:
Letzteres wurde im Vergleich zu anderen Bundesländern in Bayern in wesentlich größerem Umfang praktiziert. Begründet wurde dieser Schritt damit, dass man es mit einer relativ schweren, im Wirtschaftstyp stehenden Ausgangsbasis zu tun hatte und eine schnelle Reaktion auf die Marktsituation - um im Vergleich nicht ins Hintertreffen zu geraten - erforderlich war.
Es wurden vor allem die Araberhengste Maraklein ox, Selim ox, Akif ox, Orion ox, Puschkin ox, Ibn Mahasin ox, Jorayam ox, Naklon ox und Gihan Shah ox eingesetzt. Wobei sich die Hengste Gihan Shah, Orion ox und Akif ox durch ihre Nachzucht besonders in den Vordergrund stellten. Diese Maßnahme, die auch heute noch vielerorts einen Kritikpunkt darstellt, fand vor allem in Dr. Skalla, und Dr. Karnbaum, bis 1994 Leiter des Haupt- und Landgestütes Schwaiganger ihre Befürworter.
Allem voran steht der Rassetyp, die Aufmachung, die Eleganz, der Charme sowie die Farbtreue. Das attraktive Erscheinungsbild, der eingedrückte Nasenrücken im Kopf, das große Auge, das kleine Ohr, die rötlich gelbe Jacke, das helle Langhaar in Mähne und Schweif - unabdingbare Rassemerkmale, die den Haflinger zu der exponierten Rasse innerhalb der Kleinpferde gestempelt haben. Ein unumgängliches Problem in der Haflingerzucht stellen die Größe und der Rahmen dar. Von Haus aus erfüllt ein beträchtlicher Teil des Stutenbestandes nicht die Anforderungen an den heute gewünschten größeren Rahmen, der im Rechteckformat ausgeprägt sein sollte (Idealmaße: Stockmaß 142 bis 145 cm).
Beim ausschließlichen Größer werden durch Selektion aus den eigenen Reihen — weniger durch Zufuhr von Edelblut — besteht die große Gefahr, dass die im Haflinger steckende Kaltblutkomponente mitselektiert wird. Mit dem auf diese Weise erkauften größeren Rahmen werden dann aber sehr große Nachteile, wie der Verlust des Charmes, des Adels und der Eleganz, einhergehen.
In der Umzüchtung werden die bekannten zwei Wege beschritten:
Es gibt hier also von vornherein nicht die Alternative Reinzucht oder Einkreuzung, letztere Bezeichnung sollte besser durch Edelblutzufuhr ersetzt werden, da der Haflinger, auch wenn es schon lange her ist, bereits orientalisches Blut führt, sondern nur den gemeinsamen Weg, nämlich Reinzucht in Verbindung mit kontrollierter und dosierter Edelblut zufuhr. Somit ist die gezielte Verwendung von Araberhengsten eigentlich nichts anderes als ein erneuter Blutanschluss an die vorhandene arabische Komponente unseres Haflingers.
In Bayern und namentlich in Oberbayern läuft der Zuchtversuch der Edelblutzufuhr seit über 15 Jahren, eigentlich keine lange Periode in einer Zucht. In der züchterischen Praxis erntet oft erst der Enkel die Frucht, die sein Großvater gesät hat. Dazu kommt noch, wie das Wort „Zuchtversuch“ schon erkennen lässt, dass erst Erfahrungen gesammelt werden mussten. So hat z. B. die Erfahrung gelehrt, dass die mit einem Araberhengst zu paarenden Stuten von Haus aus so modern wie nur möglich sein und nicht den alten Wirtschaftstyp verkörpern sollten. Unliebsame Aufspaltungen sind sonst die Folge.
Die Veredelung sollte in der Regel über die Arabohaflingerstute und nur in Ausnahmefällen, wenn es sich um ganz hervorragende F1-Hengste mit der gewünschten Jacke und dem Behang handelt, über den Hengst erfolgen. In der Bezeichnung Arabohaflinger, die vielleicht oft den Eindruck erweckt, es handele sich um eine neue Rasse, ist nichts anderes als ein Zwischenstadium zum modernen Haflinger zu sehen.
Die oberbayerische Zuchtleitung ließ es sich trotz der vielen Unkenrufe — oftmals sogar aus den eigenen Reihen— nicht nehmen, an dem Veredelungsprogramm festzuhalten und dieses konsequent weiterzuführen. Den Erfolg, augenscheinlich und ganz eindeutig, hat das Zentrallandwirtschaftsfest 1981 in München unter Beweis gestellt. Annähernd 40 % der Ausstellungskollektion waren veredelte Haflinger, darunter die Siegerstute und Bundessiegerin „Martha“. Dieser züchterische Erfolg ist umso höher zu bewerten, wenn man bedenkt, dass in der Auswahl zum Bayerischen Zentrallandwirtschaftsfest aus 90 % der Zuchtbasis die Reinblütigen und nur aus 10 % der Zuchtbasis die Veredelungsprodukte auszuwählen waren. Die Erfolge und Fortschritte in der Veredelungszucht der Haflinger rechtfertigen den vom oberbayerischen Zuchtgebiet eingeschlagenen Weg.
Heute kann die Zufuhr von arabischem Vollblut praktisch als abgeschlossen betrachtet werden, d. h. wir haben genügend Edelblutanteile in der Zuchtpopulation. In der züchterischen Praxis wird streng darauf zu achten sein, dass die Rückpaarung mit reinblütigen Hengsten vorzunehmen ist bzw. der arabische Blutanteil in der Nachzucht 25 % nicht übersteigen darf. (Zitat Ende)
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